Üben im Pool
Meine jüngere Tochter war gerade in Ägypten zum Tauchen. Sie hatte eine fantastische Zeit.
Tauchen scheint ein fantastisches, unglaubliches, fast unwirkliches Erlebnis zu sein. Als ich Mitte zwanzig war, wollte ich auf Kuba tauchen lernen. Die Übungen im Pool? Kein Problem! Ich fühlte mich großartig und stellte mir vor, wie ich mich künftig als Taucherin fühlte – cool und unabhängig.
Doch dann kam der erste Tauchgang im offenen Meer. Das Wasser war aufgewühlt. Wir gingen rückwärts in die Wellen und der Tauchlehrer gab uns das Signal, schnell abzutauchen, um dem Chaos an der Oberfläche zu entkommen. Aber es ging zu schnell für mich. Ich war nicht bereit. Ich tauchte ab, mit weit aufgerissenen Augen, kämpfte sofort – konnte nicht atmen.
Das war das Ende meiner Tauchkarriere. Heute werde ich schon atemlos, wenn ich Menschen in Filmen tauchen sehe.
Kommt dir das Leben nicht manchmal genauso vor? Wir treiben an der Oberfläche und plötzlich sind wir gezwungen, tief abzutauchen – in Situationen, die wir nicht gewollt haben, in Probleme, die wir nicht verursacht haben, und in Krisen, die wir nicht vorhersehen konnten. Familiäre Probleme, wirtschaftliche Krisen, Narben, Kriege vor der Tür, politische Umwälzungen, extreme Entscheidungen, zerbrochene Allianzen, Bedrohungen unseres Wohlbefindens.
Das Meer ist die perfekte Metapher. An der Oberfläche sind wir wie kleine Boote – unter uns existiert ein ganzes Ökosystem aus Pflanzen, Trümmern und verborgenen Tiefen. Einige Stellen sind mit Müll übersät, während an anderen wunderschöne, bunte Fische vorbeischwimmen. Oben tobt das Wetter – von ruhigem Sonnenschein bis zu Stürmen, die ab und zu Platz für stille Momente lassen.
So fühlt es sich heute für viele an. Sie treiben an der Oberfläche, während sie gleichzeitig versuchen, den Sturm zu bewältigen.
Ich nenne diese mentale Belastung „Hyperkontext“ – den Zustand, in dem wir zu viele Kontexte gleichzeitig im Kopf halten, sie begreifen und greifen wollen und dringend Klarheit benötigen.
Das Wetter können wir nicht ändern. Aber wir können unser inneres Sonar entwickeln – um klar zu verstehen, was unter der Oberfläche liegt. So können wir unsere innere Ausrichtung finden, die uns hilft, durch die Stürme zu navigieren und den Sonnenschein zu genießen. Damit das Leben nicht länger wie ein Durcheinander von Kontexten erscheint.