Dann geh ich mal duschen.

Ich war heute zwei Stunden unterwegs – auf dem Weg zu einem Workshop. Gut machbar. Ich mag Autofahren. Es ist ein bisschen wie Duschen – nur trockener. Beides erlaubt einem, dass etwas geschieht, ohne dass man viel dafür tun muss. Keine Entscheidungen, kein „Performen“. Nur Bewegung und Bewusstsein.

Wenn das Leben mir zu laut wurde, waren Autofahren und Duschen meine Methode, das Chaos leiser zu drehen. Heute fühlt sich Autofahren mehr an wie Meditation mit Landschaft. Eine fahrende Schutzhülle. Podcasts, Gedanken, das sanfte Brummen des Motors. Felder ziehen vorbei. Rehe sammeln sich im goldenen Abendlicht wie alte Freunde nach Feierabend. Und heute ist hinter mir eine riesige, blutorange Sonne untergegangen – verstörend schön, kompromisslos filmreif. Für einen Moment war es, als wäre ich direkt aus 'Apocalypse Now' hinausgefahren.

À propos … Dann hab ich das Radio eingeschaltet. Die Nachrichten waren, nun ja – sehr aktuell. Politik in voller Intensität. Komplexe Themen, gestapelt auf komplexe Persönlichkeiten. Und plötzlich war ich tief dankbar, kein öffentliches Amt zu bekleiden. Allein das Zuhören fühlte sich an, als bräuchte mein Gehirn jetzt ein eigenes Beratergremium.

Also hab ich das Radio wieder ausgemacht.
Und gedacht: Nicht jeder kann das. Nicht alle haben diese Option.

Es gibt Menschen, deren innere Welt längst zum 24/7-Livestream geworden ist: globale Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheit, Klimasorge, algorithmischer Dauerbeschuss – und mindestens zwei Familien-WhatsApp-Gruppen, die nie schlafen.

Ich nenne das: Hyperkontextualisierung – der Zustand, in dem jeder Gedanke eine ganze Wagenkolonne an Kontexten mitschleppt. Wo Entscheidungen ihre Leichtigkeit verlieren. Wo der Moment ständig auf seine Fußnoten verweist.
Und das ist ermüdend.

Wir sind nicht dafür gemacht, dauerhaft im Meta-Modus zu sein. Wir brauchen Räume – nicht nur zum Denken, sondern auch zum Nichtdenken. Um auf ein Feld zu schauen – und einfach ein Feld zu sehen. Um einen Weg zu wählen – ohne ihn gleich als Metapher für unseren gesamten Lebensbogen deuten zu müssen.

Das ist die Arbeit, die ich mache.

In meinem sechswöchigen Coaching-Programm unterstütze ich Menschen dabei, unter all dem Lärm wieder Klarheit zu finden. Ihren inneren Kompass neu zu justieren. Zu spüren, wann es Zeit ist, in die Tiefe zu gehen – und wann man lieber den Blick hebt.

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Oma, Mutter, Kind und Kegel

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… aber ich wäre dann mal bereit für eine schöne, lange Pause.